Gefreiter Heinz Radicke aus Greifswald
Mein Vater Heinz Radicke wurde am 22. Januar 1897 in Greifswald geboren und nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Er wurde im Sommer 1916 eingezogen und diente als Gefreiter unter anderem in der Nachrichtenabteilung des 131. Infanterieregiments, 1. Zug. Zunächst ist er in Halberstadt stationiert gewesen. Er klagte in den Briefen an seine Eltern über die schlechte Versorgung und bat um Zusendung von Essen in jeder Form.
Es erfolgte die Beorderung an die Westfront, wo er im September 1916 am rechten Oberarm leicht verwundet wurde. Aus diesem Grund wurde er in ein Lazarett an der Deutsch-Französischen Grenze (vielleicht in Aachen) eingeliefert; anschließend verlegte man ihn ins Lazarett nach Greifswald.
Radicke war von Beruf Goldschmied und hätte eigentlich länger lernen müssen, wurde aber wegen des Krieges früher freigestellt, damit er Soldat werden konnte.
Im Jahre 1917 wurde er an die Ostfront nach Russland verlegt. Er nahm an der Eroberung von Riga teil und schreibt an seiner Eltern, dass er mit Freude in Riga von den Balten empfangen wurde. Ansonsten hätten die Letten uns alle ermordet, wie sie sagten. Im Oktober 1917 wurde ihm das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen.
Im Jahre 1918 wurde mein Vater wieder zurück an die Westfront beordert, nach Lens (Pas-de-Calais). In Frankreich bei Soissons geriet er am 18. Juli 1918 in französische Kriegsgefangenschaft: Nach einem Tankangriff wurde er relativ schwer am Hals verwundet, die Front ging über ihn hinweg, er wurde von französischen Sanitätern versorgt und so kam er in die Gefangenschaft.
Dadurch, dass er Französisch konnte, wurde er im Gefangenenlager als Dolmetscher eingesetzt. Am Tag der deutschen Kapitulation war die Wachmannschaft betrunken und es gab nichts zu essen. Er ging dann als Sprecher der Gefangenen zur Lagerleitung und sollte essen einfordern. Er wurde dann bedroht, und man sagte ihm, dass er erschossen werden würde, wenn er weiter spräche. Die Situation ging zum Glück glimpflich aus.
Später arbeitete er auf einem Weingut, wo er verhältnismäßig gut behandelt wurde. Er stampfte mit seinen nackten Füßen die Trauben, so, wie es heute noch gemacht wird.
Aus der Gefangenschaft wurde er am 6. Februar 1920 entlassen. Als er aus der Armee entlassen wurde, war er vom Dienstrang Unteroffizier.
Im Zweiten Weltkrieg wurde er ebenfalls eingezogen und kam zum Bodenpersonal der Luftwaffe. Auch diesen Krieg überlebte er.
Radicke starb 1972 in Züssow.
Feldpost; Dokumente: Urlaubskarte vom 1. November 1916 (Grund: Besuch des Stadttheaters Greifswald), Entlassungsschein aus der Kriegsgefangenschaft vom 6. Februar 1920; Fotografien von Heinz Radicke; Karte zu Ostern 1917 (2. April), gefertigt aus Birkenrinde, gesendet aus Russland. Abschrift eines Teils seiner Feldpost; Vorläufiges Besitzzeugnis über das Eiserne Kreuz II. Klasse, 13. Oktober 1917.
CREATOR
Heinz Radicke
DATE
- 1920-02-06
LANGUAGE
deu
ITEMS
74
INSTITUTION
Europeana 1914-1918
PROGRESS
METADATA
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