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Deutsche Soldaten in der Ruine der Kirche von Montfaucon d'Argonne

Eine Gruppe deutscher Soldaten lässt sich in der bereits stark zerschossenen Kirche von Montfaucon im Argonner Wald photographieren. Es handelt sich um die Stiftskirche (Collégiale) Saint-Germain, deren noch erhaltene Ruinen heute noch hinter dem American Monument Montfaucon besichtigte werden können. Vorgängerbauten dieser Kirche lassen sich bis in die merowingische Zeit (8. Jahrhundert) zurückverfolgen. Karl der Große selbst ordnete anlässlich eines Besuches in Montfaucon die Restaurierung und Erweiterung der vorhandenen Kirche an, die Stiftskirche Saint Germain d´Auxerre stellt somit als kaiserliche Gründung die älteste Stiftskirche der Diözese Reims dar. Die Kirche Saint Germain musste im Laufe der Jahrhunderte viele Stürme überstehen: 888 verlassen die Mönche Montfaucon auf der Flucht vor den Normannen (Wikinger) und kehren zurück, nachdem König Odo I. (Eudes I.) diese in der Schlacht von Montfaucon besiegt hat. Die Schlacht soll sich übrigens zwischen Montfaucon und dem Bois Chéhemin ereignet haben, genau dort, wo 1030 Jahre später erneut erbittert gekämpft wurde... 930 fliehen die Mönche erneut aus Montfaucon als Einfälle der Ungarn drohen. Der bisher hier aufbewahrte Schrein des Heiligen Balderich wird übrigens nach Wesseling im Rheinland in Sicherheit gebracht, wodurch Wesseling zu einem Wallfahrtsort wurde. Zwischen Montfaucon und Wesseling scheinen in der karolingischen Zeit engste Beziehungen bestanden zu haben, denn diese rheinländische Gemeinde hat Ihr Patronat des Heiligen Germanus (Saint Germain) wahrscheinlich schon im 9. Jahrhundert von Montfaucon übernommen. 1552 werden Teile der Kirche von den Burgundern zerstört, nach dem Wiederaufbau kommt es im Dreißigjährigen Krieg 1636 zu erneuten Zerstörungen durch Schweden und Kroaten. Die Französische Revolution übersteht die Kirche relativ unversehrt, es werden jedoch vier ihrer fünf Glocken eingeschmolzen um wertvolle Bronze für Geld und Kanonen zu gewinnen. Nachdem die letzten Mönche Montfaucon 1792 verlassen haben, dient die Kirche fortan als Pfarrkirche Saint Laurent der Gemeinde. Die endgültige Zerstörung der Kirche erfolgt dann im Ersten Weltkrieg, als die Höhe von Montfaucon (Butte de Montfaucon) eine Schlüsselstellung der deutschen Front im Argonner Wald wurde. Der Deutsche Kronprinz Wilhelm weilte des öfteren hier, um von einem eigens eingerichteten Beobachtungsstand (Observatoire du Kronprinz) aus die Front zu beobachten.
Die Feldpostkarte zeigt auf ihrer Vorderseite einen Blick in den bereits schwer zerstörten Innenraum der Kirche von Montfaucon. Im Kirchenschiff liegt ein großer Trümmerhaufen aus herabgestürztem Dachgebälk, auf dem mehrere Soldaten sich zum Teil mit ihren Waffen dem Photographen stellen. Im Vordergrund sitzen zwei Soldaten auf wohl noch erhaltenen Stühlen vor der Kulisse des frühgotisch anmutenden Hauptschiffes, dessen Pfeilerreihen zwei Nebenschiffe erahnen lassen. Die Beschriftung der Vorderseite lautet: Westlicher Kriegsschauplatz - Von den Franzosen zerschossene Kirche in MONTFAUCON. Die Rückseite der Karte zeigt, daß sie am 21. Januar 1916 geschrieben wurde. Beben dem handschriftlichen Vermerk Feldpost des Absenders trägt sie den Briefstempel der 6. PARK KOMP. 15. RES. DIV.. Es dürfte sich um eine der Pionier-Park-Kompanien der 15. Reserve-Divison gehandelt haben, eines Großverbandes, der 1914 und 1915 unweit von Montfaucon in der Champagne eingesetzt war. Das Photo der Kirche von Montfaucon ist von daher mit einiger Sicherheit im Jahr 1915 entstanden. Ein weiterer Stempel zeigt an, daß die Karte noch am gleichen Tag zwischen fünf und sechs Uhr nachmittags vom Kaiserlich Deutschen Feldpostamt beim IX. Armeekorps befördert wurde, Schaut man auf die Adressatin, so schließt sich hier erneut der Kreis zwischen Montfaucon und dem Rheinland: die Karte wurde an Fräulein Elli Wittershagen, In Derschlag, Kreis Gummersbach, Rheinland Bez. Cöln geschrieben. Von Derschlag bei Gummersbach bis Wesseling, wohin fast 1000 Jahre zuvor die Mönche aus Montfaucon geflohen waren, sind es gerade einmal 60 Kilometer.

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Dr. Hagen Reichert

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1916-01-21

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deu

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Europeana 1914-1918

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UGC

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europeana19141918:agent/6950a9e12ed2d6703ccbe061342200eb

Date

1916-01-21

Type

Story

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Deutsch

Country

Europe

DataProvider

Europeana 1914-1918

Provider

Europeana 1914-1918

DatasetName

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Begin

1916-01-21

End

1916-01-21

Language

mul

Agent

Dr. Hagen Reichert | europeana19141918:agent/6950a9e12ed2d6703ccbe061342200eb
Elli Wittershagen | europeana19141918:agent/a65ef77de09eac00be374ca5ab2a850f

Created

2019-09-11T08:47:38.756Z
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Provenance

INTERNET

Record ID

/2020601/https___1914_1918_europeana_eu_contributions_21427

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Auf dem Bild sind deutsche Soldaten an der Westfront zu sehen. (unten links, Anton Bonzelet aus Freilingen bei Blankenheim/ Ahr)

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