Heinrich und Otto Müller - Feldpostkarten und souvenirs de guerre
Mein Großvater Heinrich Müller war während des 1. Weltkrieges als Kürassier im Königlich Preußischen Kürassierregiment v. Seydlitz Nr. 7 (Magdeburgisches) an vielen Fronten. Die erste Karte dieses Beitrages hat er Pfingsten 1915 aus dem damaligen Russisch-Polen an seine Eltern geschrieben. Offenbar zeigt sie auf der Vorderseite den Feldgottesdienst, der im Text der Rückseite erwähnt wird. Es wäre schon erstaunlich, wenn damals eine Fotografie so schnell als Postkarte zur Verfügung gestanden hätte. Im Text wird auch erklärt, dass im Vordergrund Landsturm und (rechts) hinten die Kürassiere (ohne Mäntel) angetreten sind. Die Beschriftung der Fotografie ist in die Platte eingekratzt worden. Die zweite Karte ist an meinen Großonkel Otto Müller, den Bruder meines Großvaters gerichtet. Der Absender ist nicht bekannt, er scheint aber dem Truppenstempel nach in einer königl. sächsischen Pioniereinheit gedient zu haben und war zu der Zeit in Warschau stationiert. Die beiden nächsten Karten hat Otto Müller an seine Eltern geschickt. Er war zu dieser Zeit mit seiner Einheit, dem Fußartillerie-Regiment Encke (Magdeburg.) No.4, 1. Bataillon, als Munitionsfahrer in der Nähe von Verdun stationiert. Das Motiv der Karte (sie wurde Ende Mai 1916 geschrieben) mutet seltsam harmlos an, wenn man bedenkt, dass Otto Müller das Grauen der Schlacht von Verdun täglich vor Augen hatte. Mit seiner Munitionskolonne musste er ständig Artilleriemunition in die Stellungen bringen. Vielleicht wollte er mit dem naiven Bildchen auf der Karte und dem beschwörenden ...teile Euch mit daß es mir noch gut geht seine Eltern beruhigen, denn die Blutpumpe von Verdun ( Un-Wortschöpfung des General Erich von Falkenhayn) lief ja bereits seit einem Vierteljahr. Die vierte Karte läßt ahnen, dass die Männer an der Front sich auch an die Hölle gewöhnen konnten. Im September geschrieben, ist auf ihr wieder die Rede vom Klatsch im Heimatdorf und Otto Müller fragt nach dem Wetter und der Feldarbeit zu Hause. Er war ja Landwirt mit Leib und Seele. Otto Müller hat aus Verdun außer zwei Kalksteinen mit eingeschnittenen Motiven (siehe Beitrag Drei Freunde) noch den Aschenbecher auf dem nächsten Foto mitgebracht. Er ist aus dem Boden einer Granate und einem Granatsplitter grob zusammen geschweißt. Dem Kaliber nach könnte die Granate von einer französischen Canon de 75 modèle 1897 verschossen worden sein (s. Foto der Bodenstempelung?). Auch die auf dem dann folgenden Foto gezeigte Drahtschere stammt nach der Überliefung durch meinen Vater von seinem Onkel Otto Müller. Mit dieser Schere hätten die Männer der Munitionskolonne beim Granatentransport in die Artilleriestellungen Drahthindernisse beseitigt. Ich denke allerdings, dass in diesen Bereichen keine Hindernisse aufgebaut waren die hätten zerschnitten werden müssen. Wahrscheinlich hat die Drahtschere mein Großvater aus dem Krieg mitgebracht. Das Kürassierregiment Nr. 7 hatte im Mai 1917 die Pferde abgegeben und war in ein Kavallerie-Schützen-Regiment umgewandelt worden. Die Mannschaften wurden also infanteristisch im Grabenkrieg eingesetzt. Da es hierbei lebhafte Patrouillentätigkeit gab, dürften Drahtscheren zur Ausrüstung gezählt haben. Wie man auf den Fotos sieht, wurde das Futteral der Schere mit einer Schlaufe am Koppel getragen. Da weder Schere noch Futteral einen Truppenstempel tragen, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen welcher der beiden Müller-Brüder das Stück mitgebracht hat. Dafür ist die Herkunft der beiden letzten Souvenirs wieder sicher. Den Tischläufer (ca. 90 x 27cm) und das Deckchen (ca. 43 x 45cm) hat mein Großvater, wie die Bestickung zeigt, aus Belgien mit nach Haus gebracht. Das Kürassierregiment von Seydlitz war, von Rumänien kommend, vom 17. Februar bis zum 09. Mai 1917 zur Ausbildung in Belgien stationiert. In dieser Zeit fuhr das Regiment im Wechsel auf Heimaturlaub. Ob Heinrich Müller beide Seidendeckchen seiner Mutter geschenkt hat, oder ob nicht wenigstens eines für Erna Wesner (s. Beitrag Feldpostkarten für Erna Müller), seine spätere Frau, gedacht war, lässt sich wieder nur mutmaßen. Übrigens fuhren in dem genannten Zeitraum nicht nur mein Großvater und seine Kameraden in die Heimat. Auch 474 Pferde dampften laut Regimentsgeschichte Richtung Deutschland ab. Davon 39 Tiere in meinen Heimatkreis Neuhaldensleben. Allerdings nicht um Urlaub zu machen, sondern um in der heimischen Landwirtschaft bei der Frühjahrsbestellung zu helfen...
CONTRIBUTOR
Bodo A. W. Müller
DATE
1915 - 23. Mai 1915; 25. Februar 1916; 29. Mai 1916; 15. September 1916
LANGUAGE
deu
ITEMS
18
INSTITUTION
Europeana 1914-1918
PROGRESS
METADATA
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Mein Großvater Heinrich Müller (29. Januar 1894 - 26. Dezember 1942) war vom 03. Oktober 1913 bis zum 21. Dezember 1918 Kürassier (seit 28. Februar 1917 überzähliger Gefreiter) im Königlich Preußischen Kürassierregiment v. Seydlitz Nr. 7 (Magdeburgisches). Von seinen Kameraden ist wenig überliefert. Allerdings lassen sich einige Fotos zuordnen. Gleich auf dem ersten haben die drei Abgelichteten auf der Rückseite ihre Namen hinterlassen. Es sind Adolf Hesse, Gustav Zimmermann und Alfred Felleke. Der vierte Unterzeichner, E. (Ernst) Kettenbeil aus Quedlinburg, Markt 16, ist leider auf keinem der Bilder zu identifizieren. Alle vier dienten, wie auch Heinrich Müller, zu dieser Zeit in der 1. Eskadron. Das Foto erinnert an den 04. November 1914. Sieht man die ausgelassene Szene mit Schaukelpferd, Mandoline und Fächern, denkt man an Etappenleben weit hinter der Front. Die Regimentsgeschichte (Das Kürassier-Regiment von Seydlitz (Magdeburgisches) Nr. 7, seine Geschichte von Victor Köhler, 1935) gibt aber Auskunft darüber, dass an den Tagen um den 04. November das Kürassierregiment in schwersten Grabenkämpfen im Park von Hollebeke, 20km nordwestlich von Roubaix, lag. Die Kavalleristen waren für diese Gefechtsform weder ausgebildet noch ausgerüstet. Es fehlte an Seitengewehren und Spaten. Die Verluste des Regiments waren hoch. Und dann dieses Bild mit den ausgelassenen Kürassieren... Aufgenommen wurde die Fotografie in der nahegelegenen Stadt Roubaix unmittelbar nach der Ablösung des Kürassierregiments am 13. November. Der Mann auf dem Schaukelpferd ist Gustav Zimmermann (s. auch viertes Kameradenfoto). Er hat den schweren Kürassierpallasch umgeschnallt. Den beiden anderen kann ich die Namen auf der Rückseite nicht zuordnen. Einer von ihnen, Adolf Hesse, wird am 30. November 1916 bei Buteasca so schwer verwundet werden, dass er am 02. Dezember stirbt. Der andere, Alfred Felleke, wird wenige Tage nach der Aufnahme des Fotos, nämlich am 21. November (das Regiment wurde inzwischen nach Nordpolen verlegt) auf den vereisten Straßen mit dem Pferd stürzen und sich ein Bein brechen. Auf dem gleichen Marsch bei einem anderen Unfall quetscht sich Ernst Kettenbeil (vierter Name auf der Rückseite) die linke Hand schwer. Am 14. August 1918 wird Felleke bei Angomont schwer verwundet (Alle Angaben aus der Regimentsgeschichte). Es gibt aus diesen Tagen sogar eine zweite Fotografie. Sie zeigt Heinrich Müller (stehend) und einen unbekannten Kameraden. Wäre nicht die Widmung an meine Urgroßeltern auf der Rückseite, hätte ich meinen Großvater ohne Bart auf diesem Bild nicht erkannt. Es ist ebenfalls in Roubaix, in einem anderen Studio, aufgenommen worden. Das dritte Foto dieses Beitrages zeigt den Unteroffizier Karl Wettstein von der 5. Eskadron des Regiments in der Uniform der Regimentsmusiker. Es entstand wohl vor dem Krieg in Apolda. Die Widmung auf der Rückseite datiert vom 07. Juli 1917. Damals war das Regiment für ein Vierteljahr, von Ende Juni bis Ende September, ganz aus der Front gezogen worden um in Kurland (Region Lettlands) bei Erntearbeiten eingesetzt zu werden. Für den Landwirtssohn Heinrich Müller sicher nicht unwillkommen. Der Stab des Regiments, zu dem er inzwischen versetzt war, lag in dem Gutshaus Alt-Abgulden (heute Apgulde). Dieses Gutshaus nennt auch Wettstein in seiner Widmung. Das Foto des Hauses habe ich der o.g. Regimentsgeschichte entnommen. Eine Renovierung des Gebäudes muss kurz vor 2008 erfolgt sein (Google Earth, Panoramio). Das vierte Kameradenfoto zeigt wieder Heinrich Müller und Gustav Zimmermann. Beide müssen gute Freunde gewesen sein, denn es gibt noch ein gemeinsames Foto in Paradeuniform mit Pallasch aus der Vorkriegszeit. Nach dem Ernteeinsatz in Lettland waren viele Regimentsangehörige zu anderen Einheiten versetzt worden. Nach der Überlieferung durch meinen Vater Heinrich Müller jun., hatte sich Zimmermann freiwillig zur Infanterie gemeldet und trägt auf diesem Bild nicht mehr die Uniform des Kürassierregiments. Übrigens war er am 05. Juni 1915 bei einem Artillerieüberfall bei Kalniszki leicht verwundet worden. Das Ordensband im Knopfloch zeigt, dass beide inzwischen das Eiserne Kreuz II. Klasse trugen. Abschließen soll diesen Beitrag ein Quartierbillet. Es wies einem Offizier und meinem Großvater eine Übernachtung in dem lothringischen Städtchen Saarburg an. Die unausgefüllte Rückseite zeigt, dass die Quartiergeber, Familie Marquardt, ihre Gastfreundschaft am 10. Mai 1917 scheinbar nicht ausüben konnten, da laut Regimentsgeschichte die Einheiten sich nach zweitägiger Bahnfahrt erst am Morgen des 11. Mai in Saarburg sammelten um dann an die Vogesenfront zu marschieren. Die erhoffte Nacht in einem weichen Federbett war wohl verpasst...
Heinrich Müller - ein Feldpostbrief und Dokumente aus vier Kriegsjahren
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Im Zuge meiner familiären Recherchen war ich erfreut im Nachlass meines Vaters auch das erste Blatt eines undatierten Briefes meines Großvaters Heinrich Müller zu finden und übersetzen zu können. Gleich bemerkte ich, dass es sein erster Feldpostbrief ist und dass er ihn kurze Zeit nach der Karte vom Vorabend der Mobilmachung (s. gleichnamiger Beitrag) geschrieben hat. Auch dass mein Großvater mit seiner Einheit, dem Kürassierregiment von Seydlitz Nr. 7 (Magdeburgisches), beim Einmarsch in Belgien und bei den allerersten schweren Kämpfen um Lüttich dabei, oder zumindest in der Nähe war, hatte ich nicht gewusst und fand es interessant. Bis ich auf Seite 2 angelangt war. Was ich da las hielt ich zunächst für renommieren eines 20jährigen, der ein Krieger sein wollte. Plündern und brandschatzen durch eine Kavallerieeinheit, in der ein Elitebewusstsein ausgeprägt war? Die detailierte Aufzählung des Beutegutes in ihrer seltsamen Reihenfolge ließ mich aber stutzen. Von Übergriffen auf die belgische Zivilbevölkerung bei Kriegsbeginn hatte ich doch schon gelesen... Noch vor der Wikipedia gab mir dann die Regimentsgeschichte (Das Kürassier-Regiment von Seydlitz (Magdeburgisches) Nr. 7, seine Geschichte von Victor Köhler, 1935) traurige Gewissheit. Ohne Zurückhaltung wird da vom harten Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung, von Racheakten bis hin zum Abbrennen ganzer Ortschaften, geschrieben. Auch von standrechtlichen Exekutionen im Wirkungsbereich des Kürassieregiments ist die Rede. Was da im Brief steht, ist wirklich Erlebtes. So also hat der 1. Weltkrieg für Heinrich Müller begonnen. Und zum letzten Satz des Briefes: Dass 30 Jahre später ein nächster, noch schlimmerer Krieg in ihre Heimat verlegt wurde, haben weder meine Urgroßeltern, an die der Brief gerichtet ist, noch mein Großvater erlebt. Heinrich Müller ist Weihnachten 1942, noch nicht 49 Jahre alt, gestorben. Wenn der Feldpostbrief ein Dokument seines Eintrittes in den Krieg ist, so ist der nachfolgend gezeigte Entlassungsschein sein ganz persönliches Dokument des Kriegsendes. Unterschrieben von einem Offizier und einem Vertreter des Soldatenrates. Die Entlassung der 7. Kürassiere erfolgte verhältnismäßig spät, da das Regiment im Raum Iserlohn zurück gehalten wurde. Aus den mehr als vier Jahren zwischen den beiden ersten Dokumenten folgen noch zwei andere Schriftstücke und ein Foto. Es sind die Verleihungsurkunde des Eisernen Kreuzes II. Klasse aus dem Juli 1917 (Vogesenfront bei Angomont ) und ein handschriftlicher Ausweis für eine Dienstfahrt im Juni 1918. Damals befand sich das Regiment zur Ausbildung in Mülhausen im Elsass. Das Foto schließlich zeigt Heinrich Müller in Kürassierstiefeln als zweiten von rechts im Frühjahr 1916 in der Nähe von Vidzy im heutigen Weißrussland (s. auch Beitrag Etappenfotos von Heinrich Müller). Auf dem Schild über der Tür steht Schlafkabinett für steinaltes Militär. Beim Ausbau eines von meinen Großeltern errichteten Stallgebäudes fanden sich im Mauerwerk handschriftliche Aufzeichnungen von Heinrich Müller. Sie enthalten auf den letzten Seiten in Kurzform seine Kriegserinnerungen und bilden den Abschluss diese Beitrages. Die Gräuel aus den ersten Kriegstagen in Belgien kommen darin nicht mehr vor...
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