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Tagebuch von Walter Kersten auf den Philippinen

Walter Kersten aus Rees erlebte eine ganz außergewöhnliche Kriegsgeschichte, die ihn über mehrere Erdteile, von Asien über Australien, Südafrika zurück nach Europa, führte. Nach Abschluss auf der Internatsschule in Paderborn sandte Guido Kersten seinen Sohn Walter zur Ausbildung in verschiedene Tabakfabriken. Walter sollte wie sein Vater der Tabakbranche verbunden bleiben, denn er war bei der Firma Hendric´s Oldenkott in Rees beteiligt, die am 15. November 1838 der Großvater August Kersten gegründet hatte. So wurde Walter Kersten 1912 auf die Philippinen geschickt. Es war keine Erlebnisreise im Sinne einer Erforschung der Landschaft, sondern zweckbestimmt, um neue Erkenntnisse im Handel mit Tabaken zu gewinnen. Walter Kersten trat am 4. September 1912 dem Deutschen Klub in Manila bei. Das belegen auch Fotos, die er von dort mitbrachte. Das Klubhaus Gral befand sich von 1906 bis 1915 in Solano. Man ließ später ein neues Haus errichten. Am 29. März 1914 war die Grundsteinlegung. Überschattet wurde der Weiterbau, als am 1. August der Erste Weltkrieg ausbrach. Von Manila aus sandte er nach Hause in Köln noch eine wunderschön gestickte Tischdecke aus bestem Material, die typisch für philippinische Handarbeit ist. Sie ist sehr wertvoll und wird von den Nachfahren sehr geschätzt. Aus den Philippinen kamen außerdem noch außergewöhnlich große Muscheln sowie Baumwollkokons. Er bereiste das Land und war zunächst in der Zigarrenfabrik Malabón bei Manila sowie in der Zigarrenfabrik La Union, und fuhr am 13. Januar 1913 auf der SS Darvel, die um diese Zeit noch weihnachtlich mit einem Christbaum geschmückt war , u.a. nach Zamboanga, dann auf der Isabella Basilan, anschließend mit der MS Borneo nach in Cagavelan de Sulu und nach Tandoan Urus Mataho. In Zamboanga, der heute sechstgrößten Stadt der Philippinen war er Zeuge der Verabschiedung von General Pershing, die er fotografisch festhielt. Während einer Überfahrt mit dem Schiff auf eine vorgelagerte Insel Basilan, seien viele Teepflücker an Bord gewesen, die aus ärmeren Regionen stammten und oft erst nach Wochen ihren Lohn erhielten. Nun, nach ihrer Bezahlung, verfügten sie über - für ihre Verhältnisse - viel Geld und kamen sich sehr reich vor. An Bord spielten sie Karten, während ein Klavierspieler sie unterhalten sollte. Doch das Geklimper störte sie. Schließlich standen einige Teepflücker auf, nahmen das Klavier und stürzten es in die offene See. Dann gingen sie zum Kapitän und fragten: Was kostet das Ding, das da schwimmt?. Die Teepflücker zahlten und spielten in Ruhe weiter. Die finanzielle Situation war für Walter Kersten alles andere als einfach, denn der philippinische Pesos stand bei einem halben US Dollar und der Verdienst lag damals bei 100 Pesos, also 50 Dollar, am 28. Mai 1914 war das Anfangsgehalt auf 250 Pesos festgesetzt. Walter Kersten wollte keinesfalls länger in den Philippinen bleiben, zumal ihm der Vater kein Geld schicken konnte. Oft schreibt er von schlechter Bezahlung und der Suche nach einer neuen Stelle. Die politische Lage spitzte sich zu und wurde für alle im Ausland lebenden Deutschen sehr brenzlig. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs war für Walter Kersten Anlass, sich von Manila abzusetzen und Schutz in einer deutschen Kolonie zu suchen. Auch der deutsche Konsul riet dazu, das Land zu verlassen. Kersten schrieb am 6. August 1914 in sein Tagebuch: Der Konsul beschied mich heute zum Consulat. Wir ca. 35 Deutsche aus Manila sollen morgen mit der ´Manchuria´ nach Shanghai via Hongkong fahren. Von Schanghai sollen wir weiterbefördert werden per Bahn nach Tsingtau. Es herrschte große Aufregung und zugleich Begeisterung unter den Deutschen. Das amerikanische Schiff würden angeblich in Hongkong keine englischen Kontrolleure an Bord lassen. Trotzdem wird befürchtet, dass wir in Hongkong von den Engländern gefangen genommen werden. An Bord der ´Manchuria´ sind auch deutsche Reservisten. Walter Kersten galt als Reservist im deutschen Kaiserlichen Heer, obwohl es keinen Beleg gibt, dass er je gedient hat. Er war tatsächlich nie in der Armee tätig. Das Schiff stach am 8. August 1914 von Manila nach Hongkong in See. Dem Tagebuch ist weiterhin zu entnehmen: Sonntag, 9. August 1914, die `Manchuria´ ist sehr gut besetzt. Die meisten Passagiere sind Amerikaner und Deutsche. Das Hauptgespräch bildet natürlich der Krieg, dann wird natürlich immer wieder die Frage aufgeworfen, ob wir Deutsche in Hongkong unbelästigt bleiben. Ich habe an Bord ein interessantes Spiel kennen gelernt, das Bridge-Spiel. Montag, 10. August 1914, früh fuhren wir nach Hongkong. Die Einfahrt war durch Minen versperrt resp. mit Fähnchen kenntlich gemacht. Wir mussten dann bis gegen 4 Uhr liegen bleiben. Um diese Zeit konnten wir in den Hafen von Hongkong hineinfahren. Die Polizei nahm uns gleich in Empfang. Nach einer Stunde wurden wir dann abgeführt. Der Marshall ließ uns dann zu den Detainee Barracks (Häftlingslager) abführen. Ein schönes luftiges Gefängnis. Dort trafen wir fünf Deutsche an, die von anderen Schiffen heruntergeholt worden waren. Einer sogar von einem chinesischen Zollkutter, der auf diesem Schiff zweiter Offizier war. Am 12. August 1914 heißt es im Tagebuch: Heute wurden wir nochmals vernommen und zwar vom Provost Marshall. Nur drei von uns haben nicht gedient. Wir hatten auch alle keine Militärpässe dabei. Gegend Abend wurden wir dann zu den Stone Cutter Inseln überführt. (Diese liegen außerhalb von Hongkong, aber im direkten Einzugsbereich). Begleitet wurden wir von 20 Indern mit aufgepflanztem Seitengewehr. Auf den Stone Cutter Islands waren unsere Zelte von Stacheldraht umgeben.\n Dann war am 27. August die Rede von 18 deutschen Offizieren und Mannschaften, die auf der ´Senegambia´ und der E. Laire` waren. Es handelte sich nicht um Offiziere der Marine, sondern um Schiffspersonal von kleinen Frachtern, die Wasser, Kohle, Vieh usw. an Bord hatten. Diese hatten über Funk Nachrichten aus Deutschland empfangen können. Erstaunlich ist, wie die Deutschen im Gefangenenlager in Hongkong auf die Meldungen reagierten. Wörtlich heißt es in dem Tagebuch: Die Herren brachten sehr erfreuliche Siegesnachrichten der Deutschen mit. Belfort, Namur und Lüttich sind gefallen. Eine englische Flotte ist zwischen Borkum und Helgoland geschlagen worden, wobei das englische Admiralschiff in die Luft flog, Torpedos hatten englische Kreuzer am Tag nach der Kriegserklärung bei Leith angegriffen und verschiedene Kreuzer zerstört. Am Tage der Kriegserklärung haben vier Torpedoboote die Docks von Plymouth zerstört. In den folgenden Tagen kam Walter Kersten immer wieder auf Meldungen aus dem Kriegsgeschehen in Europa zu sprechen. Die Euphorie der deutschen Gefangenen war offensichtlich recht groß. Es gab noch das patriotische Denken. Am 5. September verhaftete man jemand von der Baseler Mission, der die Deutschen mit Nachrichten versorgte. Aber aus irgendeiner Ecke kamen weitere Nachrichten zu den Deutschen im Lager. Es ist deutlich herauszulesen, was die Gefangenen beschäftigte. Alle waren immer gespannt auf gute, auf siegreiche Meldungen aus Deutschland. Paris ist gefallen, Rückzüge der Engländer und Franzosen an verschiedenen Frontabschnitten. Am 11. September mussten die gefangenen Deutschen laut Tagebuch von Walter Kersten um 10,15 Uhr antreten. Es wurde das Urteil verlesen. Der Cassierer der Badischen Mission wurde für schuldig erklärt, Siegesnachrichten der Deutschen unter den Chinesen verbreitet zu haben. Strafe: vier Monate und weitere 15 Tage Haft. Dann wurde das Urteil plötzlich abgeschwächt auf 28 Tage Arrest. Die Engländer haben sich nobel gezeigt. Dann mussten alle Internierten ihre Sachen packen. Am Tag darauf wurden sie innerhalb des Hong Kong Islands von Stone Cutter´s Island nach Kowloon gebracht. Hier gab es keine Zelte, hier standen vier Wohnhäuser und eine sehr praktische Wascheinrichtung. Jedes Haus hatte zwei Hälften. In jeder Hälfte waren 16 Mann untergebracht, 128 Mann insgesamt. Ein Herr Lampe schrieb Walter Kersten aus Manila. Er sandte ihm die aus Deutschland nach Manila versandte Post der eigenen Familie. Erstaunlich, dass Post versandt wurde. Woher wusste Herr Lampe, dass Walter Kersten in Kowloon ist? Sein Schreiben über die Geschäftslage in Manila verriet nichts Gutes. Eine Zeitung aus Manila gelangte in das Lager. Demnach müssen sich die deutschen Truppen an der Westfront zurückziehen. Aus dem Osten werden Erfolge gegen die Russen gemeldet. So das Tagebuch. Im Lager konnte Fußball und Tennis gespielt werden, Kartenspiele wie Bridge waren sehr geschätzt. Am 18. September 1914 durften die Deutschen zum ersten Mal Kowloon besuchen. Aus Europa folgten immer wieder Berichte über das Frontgeschehen. Dass die Deutschen dies interessierte, war verständlich. Die SMS Emden, das Schiff der deutschen Marine, operierte immer noch im ostasiatischen Raum und griff fast täglich erfolgreich englische Schiffe an. Am 1. Oktober war von vier versenkten englischen Schiffen die Rede. Die Zeitungen aus Hongkong berichteten wenig über den Krieg. Schließlich war Hongkong eine englische Kolonie. Einige Gefangene besorgten sich schwedische und dänische Zeitungen. Darin war zu lesen: Die Deutschen haben jetzt 350.000 Engländer und Franzosen und 150.000 Russen gefangen genommen. In Deutschland wurden weitere 350.000 Kriegsfreiwillige registriert. Und dann ist ein ganz anderer Eintrag im Tagebuch zu finden: Abends hatten wir einen sehr amüsanten Maskenball. Nachher sangen wir patriotische Lieder. Zwei haben wieder versucht, auszukneifen. Die Wachen waren jedoch aufmerksam. Sonntags muss ein ebenfalls internierter Pastor gepredigt haben, der von allen wegen seiner guten Worte sehr gelobt wurde. Es gab aus dem Jahr 1915 so gut wie keine schriftlichen Hinweise darüber, was die Internierten ertragen mussten. Am 26. Oktober 1915 erreichte die Gefangenen die Nachricht, dass alle Deutschen, per Befehl aus London, Hongkong zu verlassen haben. Dann erfolgten leider keine Eintragungen mehr im Tagebuch von Walter Kersten. Belegt ist, dass der Transport der internierten Deutschen nach Australien im Januar 1916 stattfand. Der Transport nach New South Wales (N.S.W.) erfolgte ab Mitte Januar 1916 mit dem 3.000 t-Schiff `Empire`. Unter Deck waren während der Überfahrt 287 Internierte eingeschlossen, jeder hatte etwa 4,5 qm Raum zur Verfügung. Durch Ausdünstung der vielen Männer und durch den starken Seegang mussten viele sich erbrechen, die Luft war entsprechend. Tagsüber durften die Gefangenen zuweilen auf das 296 qm große Außendeck. Am 21. Januar 1916 passierte die ´Empire´ die Basilanstraße und erreichte den Hafen von Zamboanga, es waren Stationen, die Walter Kersten bereits Anfang 1914 verlassen hatte. Die Sangi-Inseln und Celebes wurden am 22. Januar erreicht, am 23. Januar der Äquator und die Straße von Ambonia in der Banda-See. Die Temperatur war auf 33/34 Grad Celsius angestiegen. Am 2. Februar 1916 erreichte das Schiff den Hafen von Sydney. Alle mussten auf kleinere Schiffe umsteigen und wurden in der Nacht nach Jerseyville gebracht. Hier wurden sie an Land gesetzt. Drei Stunden Marsch mit schwerstem Gepäck waren bis zum Ziel notwendig. Trial Bay war das Ziel, das den Gefangenen bis dahin nicht bekannt war. In Trial Bay bestand bereits ein Hochsicherheitstrakt für Strafgefangene, der bis dahin noch nicht belegt war. Es trafen auch Marinesoldaten der MS Emden ein, die bereits zahlreiche englische Schiffe versenkt hatte. Nun war das deutsche Schiff ebenso versenkt worden. Hier in Trial Bay sammelte man Gefangene und Internierte aus dem südasiatischen Raum. Offizielle Aufzeichnungen gab es nur in dem Buch Hinter Stein und Stacheldraht, das in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts herausgegeben wurde und von den Nationalsozialisten als eine Abrechnung mit dem System der verhassten Engländer angesehen wurde. Die Bucht liegt an der Ostküste Australiens zwischen Laggers Point und Grassey, unweit der Mündung des Macleay River. Kempsey ist die Provinzstadt am Highway Pacific, die zugleich am an dem besagten Fluss liegt. Port Macquarie, im Aarekoon State Conversation Area, 75 km nördlich von Macquarie könnte die Hafenstadt gewesen sein, in der man die Gefangenen an Land brachte. Grob gesagt ist Trial Bay fast genau zwischen Brisbane und Sydney gelegen. Die Strecke zwischen den beiden großen Städten dürfte etwa 1500 km betragen. Als der Erste Weltkrieg ausbrach und Australien mit der Englischen Krone verbunden war, war das Gebiet um Trial Bay ein ideales Gelände, um deutsche und österreichische Internierte und gefangene Soldaten unterzubringen. 562 Gefangene sollen hier von Februar 1915 bis Ende 1918 gewesen sein. Einschließlich der weiteren Lager sollen insgesamt 5.574 Internierte und Gefangene gezählt worden sein. Australien begann Ende des 20. Jahrhunderts damit, New South Wales touristisch zu erschließen. Von den einstigen Gebäuden des Lagers stehen nur noch Teile. In einem Trakt hat man ein Museum eingerichtet, das Trial Bay Soldiers and Internees Museum heißt. Man hat alles gesammelt, was die Deutschen hinterlassen haben: Schmuck, Trinkgefäße, Gürtel, Ausweispapiere etc. Walter Kersten brachte viele Fotos mit nach Hause und legte später ein aussagekräftiges Album an, das erhalten geblieben ist. Man sieht auf dem Bild von Ende Januar 1916 das Lager, nichts sonst in der Umgebung. Den Internierten war erlaubt, Tennis und Feldhockey zu spielen. 700 Gefangene sollen zuletzt in dem Trakt von Kersten gewesen sein. Es wurden gestrandete Wale ausgeschlachtet und Kaninchen in eine Falle gelockt. Doch er mochte zu Hause in Deutschland weder das Fleisch von Hasen noch von Kaninchen essen. Zu oft hatte er Fleisch dieser Tiere zu sich nehmen müssen. Unter den Internierten gab es praktisch alle Berufe. Auch Schauspieler oder solche mit schauspielerischem Talent waren darunter. Das von den Gefangenen aufgebaute Deutsche Theater führte Auf des Königs Befehl, Minna von Barnhelm, Die Helden von Bernhard Shaw, Das Konzert, Das Stiftungsfest, Ein toller Einfall, die Komödie Moral, Ein ungeschriebenes Blatt und Als ich wiederkam auf. Wenn man die Fotos betrachtet, kann man sich nur über die tollen Bühnendekorationen und die schönen Kostüme wundern. Es müssen also auch Dekorateure und Schneidermeister in Trial Bay gewesen sein. Aus dem Juli 1917 stammt noch ein Gedicht: Der Walfisch von Trial Bay, gedruckt in Liverpool N.S.W./Australia. Auch Briefpapier stand den Gefangenen zur Verfügung. Concentration Camps, Australia – Prisoner of war Letter. Walter Kersten schrieb am 9. Februar 1917 einen Brief an seinen Bruder Bruno. Er bedankte sich darin für die Post von zu Hause. „Yesterday I received a postal from Arthur with his photo, dated Nov. 2nd. He looks very smart in his uniform and was at that time in Haiger (Westerwald)”. Arthur war der jüngste Bruder von allen acht Söhnen der Familie Guido und Emma Kersten. Dann schrieb deren Sohn Walter Kersten, dass er sich Basketball Schuhe wünsche. „I did not hear from Guido since the beginning of last year. I hope very much that he is home.” (Mit Guido war in diesem Fall der Bruder von Walter Kersten gemeint). Man kann daraus entnehmen, wie sehr einem Internierten in der Ferne daran gelegen ist, etwas von zu Hause zu erfahren. Als der Krieg Ende 1918 für die Deutschen verloren war, durften die Internierten im Juni 1919 die Heimreise auf der Kursk antreten, einem 1910 in Dienst gestellten russischen Passagierdampfer. Zunächst wurden sie in ein Erholungslager nach Durban in Südafrika verbracht. Das Schiff fuhr zu dieser Zeit (nach der Oktoberrevolution in Russland) mittlerweile unter britischer Flagge. Man sprach von der Repatriierung. Walter Kersten erzählte später, dass die hygienischen Verhältnisse auf dem Schiff katastrophal waren. Viele starben während der Überfahrt nach Hause. Er selber meldete sich dafür, die Toten in Säcke einzunähen und über Bord zu werfen. Dafür bekam er in der Küche Sonderrationen und Schnaps. Kersten war lange Jahre von zu Hause weg, es waren verlorene Jahre in der Berufs- und Lebensplanung. Aber letztlich war er froh, dass er nicht an einer der vielen Fronten als Soldat eingesetzt wurde. Die Kameradschaft im Lager von Trial Bay muss sehr gut gewesen sein. Es gibt großformatige Fotos, die die Mannschaften der einzelnen Lagertrakte zeigen. Die Kameradschaft blieb auch nach dem Krieg in Deutschland bestehen. Da die meisten Internierten einst zur See gefahren oder irgendwo im Ausland bei einer Reederei beschäftigt waren, lag es nahe, dass die Treffen im norddeutschen Raum stattfanden, zumeist in Bremen und Hamburg. Es wurde zu einem Trial Bay Curry-Essen eingeladen. Es gab keine Curry-Wurst, sondern ein schmackhaftes Mal. Offensichtlich war die Curry-Wurst eine Erinnerung an die Zeit im Lager. Walter Kersten führte anlässlich eines Treffens am 30. April 1955 in Bremen aus: „Wir waren durch fünf Jahre Gefangenschaft miteinander verbunden. Als wir auseinander gingen, verließ uns ein Stück unseres Lebens. Uns hielt zusammen: Treue, Zuverlässigkeit, Erinnerungen an zu Hause, Witz und Vertrautheit. Es ist etwas Eigentümliches um das Wissen, dass einer sich auf den anderen verlassen kann. Die Romantik der Kameradschaft hat etwas Verführerisches. In der Tat, sie ist eine Edle Blüte. Die chinesische Weisheit kennen alle hier im Saal. Es heißt im Chinesischen: Es gibt kein Glück auf Erden. Man muss aber darauf achten, das Glück nicht zu versäumen. Was es auf Erden zuweilen gibt ist der glückliche Augenblick. Auf allen Gruppenfotos von 1953 bis 1960 ist Walter Kersten zu sehen. Da er meist mit einer Zigarre im Mundwinkel zu sehen war und die Kameraden wussten, dass er im Tabakfach großgeworden war, fertigte einer eine Karikatur an, die Walter Kersten zeigt.
Das erhaltene Tagebuch von Walter Kersten umfasst den Zeitraum von Januar bis November 1914. Darin beschreibt er seine auch wirtschaftlich schwierige Zeit auf den Philippinen als auch den Versuch, sich über Hong Kong vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen. Die letzten Eintragungen sind von seiner Internierung auf Stonecutters Island.

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CONTRIBUTOR

Manfred Kersten

DATE

1914-01-10 - 1914-11-04

LANGUAGE

deu

ITEMS

64

INSTITUTION

Europeana 1914-1918

PROGRESS

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UGC

Contributor

europeana19141918:agent/0e44f83480d6b85a03db0371f31bf0db

Date

1914-01-10
1914-11-04

Type

Story

Language

deu
Deutsch

Country

Europe

DataProvider

Europeana 1914-1918

Provider

Europeana 1914-1918

DatasetName

2020601_Ag_ErsterWeltkrieg_EU

Begin

1914-01-10

End

1914-11-04

Language

mul

Agent

Walter August Wilhelm Gertrudis Kersten | europeana19141918:agent/09edfc4946ac8e77d8722e873a5d0ec1
Manfred Kersten | europeana19141918:agent/0e44f83480d6b85a03db0371f31bf0db

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Provenance

BN12

Record ID

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Walter Kersten 1912-1914 auf den Philippinen

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Überschattet wurde der Weiterbau, als am 1. August der Erste Weltkrieg ausbrach. Von Manila aus sandte er nach Hause in Köln noch eine wunderschön gestickte Tischdecke aus bestem Material, die typisch für philippinische Handarbeit ist. Sie ist sehr wertvoll und wird von den Nachfahren sehr geschätzt. Aus den Philippinen kamen außerdem noch außergewöhnlich große Muscheln sowie Baumwollkokons. Er bereiste das Land und war zunächst in der Zigarrenfabrik Malabón bei Manila sowie in der Zigarrenfabrik La Union, und fuhr am 13. Januar 1913 auf der SS Darvel, die um diese Zeit noch weihnachtlich mit einem Christbaum geschmückt war , u.a. nach Zamboanga, dann auf der Isabella Basilan, anschließend mit der MS Borneo nach in Cagavelan de Sulu und nach Tandoan Urus Mataho. In Zamboanga, der heute sechstgrößten Stadt der Philippinen war er Zeuge der Verabschiedung von General Pershing, die er fotografisch festhielt. Während einer Überfahrt mit dem Schiff auf eine vorgelagerte Insel Basilan, seien viele Teepflücker an Bord gewesen, die aus ärmeren Regionen stammten und oft erst nach Wochen ihren Lohn erhielten. Nun, nach ihrer Bezahlung, verfügten sie über - für ihre Verhältnisse - viel Geld und kamen sich sehr reich vor. An Bord spielten sie Karten, während ein Klavierspieler sie unterhalten sollte. Doch das Geklimper störte sie. Schließlich standen einige Teepflücker auf, nahmen das Klavier und stürzten es in die offene See. Dann gingen sie zum Kapitän und fragten: Was kostet das Ding, das da schwimmt?. Die Teepflücker zahlten und spielten in Ruhe weiter. Die finanzielle Situation war für Walter Kersten alles andere als einfach, denn der philippinische Pesos stand bei einem halben US Dollar und der Verdienst lag damals bei 100 Pesos, also 50 Dollar, am 28. Mai 1914 war das Anfangsgehalt auf 250 Pesos festgesetzt. Walter Kersten wollte keinesfalls länger in den Philippinen bleiben, zumal ihm der Vater kein Geld schicken konnte. Oft schreibt er von schlechter Bezahlung und der Suche nach einer neuen Stelle. Die politische Lage spitzte sich zu und wurde für alle im Ausland lebenden Deutschen sehr brenzlig. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs war für Walter Kersten Anlass, sich von Manila abzusetzen und Schutz in einer deutschen Kolonie zu suchen. Auch der deutsche Konsul riet dazu, das Land zu verlassen. Kersten schrieb am 6. August 1914 in sein Tagebuch: Der Konsul beschied mich heute zum Consulat. Wir ca. 35 Deutsche aus Manila sollen morgen mit der ´Manchuria´ nach Shanghai via Hongkong fahren. Von Schanghai sollen wir weiterbefördert werden per Bahn nach Tsingtau. Es herrschte große Aufregung und zugleich Begeisterung unter den Deutschen. Das amerikanische Schiff würden angeblich in Hongkong keine englischen Kontrolleure an Bord lassen. Trotzdem wird befürchtet, dass wir in Hongkong von den Engländern gefangen genommen werden. An Bord der ´Manchuria´ sind auch deutsche Reservisten. Walter Kersten galt als Reservist im deutschen Kaiserlichen Heer, obwohl es keinen Beleg gibt, dass er je gedient hat. Er war tatsächlich nie in der Armee tätig. Das Schiff stach am 8. August 1914 von Manila nach Hongkong in See. Dem Tagebuch ist weiterhin zu entnehmen: Sonntag, 9. August 1914, die `Manchuria´ ist sehr gut besetzt. Die meisten Passagiere sind Amerikaner und Deutsche. Das Hauptgespräch bildet natürlich der Krieg, dann wird natürlich immer wieder die Frage aufgeworfen, ob wir Deutsche in Hongkong unbelästigt bleiben. Ich habe an Bord ein interessantes Spiel kennen gelernt, das Bridge-Spiel. Montag, 10. August 1914, früh fuhren wir nach Hongkong. Die Einfahrt war durch Minen versperrt resp. mit Fähnchen kenntlich gemacht. Wir mussten dann bis gegen 4 Uhr liegen bleiben. Um diese Zeit konnten wir in den Hafen von Hongkong hineinfahren. Die Polizei nahm uns gleich in Empfang. Nach einer Stunde wurden wir dann abgeführt. Der Marshall ließ uns dann zu den Detainee Barracks (Häftlingslager) abführen. Ein schönes luftiges Gefängnis. Dort trafen wir fünf Deutsche an, die von anderen Schiffen heruntergeholt worden waren. Einer sogar von einem chinesischen Zollkutter, der auf diesem Schiff zweiter Offizier war. Am 12. August 1914 heißt es im Tagebuch: Heute wurden wir nochmals vernommen und zwar vom Provost Marshall. Nur drei von uns haben nicht gedient. Wir hatten auch alle keine Militärpässe dabei. Gegend Abend wurden wir dann zu den Stone Cutter Inseln überführt. (Diese liegen außerhalb von Hongkong, aber im direkten Einzugsbereich). Begleitet wurden wir von 20 Indern mit aufgepflanztem Seitengewehr. Auf den Stone Cutter Islands waren unsere Zelte von Stacheldraht umgeben.\n Dann war am 27. August die Rede von 18 deutschen Offizieren und Mannschaften, die auf der ´Senegambia´ und der E. Laire` waren. Es handelte sich nicht um Offiziere der Marine, sondern um Schiffspersonal von kleinen Frachtern, die Wasser, Kohle, Vieh usw. an Bord hatten. Diese hatten über Funk Nachrichten aus Deutschland empfangen können. Erstaunlich ist, wie die Deutschen im Gefangenenlager in Hongkong auf die Meldungen reagierten. Wörtlich heißt es in dem Tagebuch: Die Herren brachten sehr erfreuliche Siegesnachrichten der Deutschen mit. Belfort, Namur und Lüttich sind gefallen. Eine englische Flotte ist zwischen Borkum und Helgoland geschlagen worden, wobei das englische Admiralschiff in die Luft flog, Torpedos hatten englische Kreuzer am Tag nach der Kriegserklärung bei Leith angegriffen und verschiedene Kreuzer zerstört. Am Tage der Kriegserklärung haben vier Torpedoboote die Docks von Plymouth zerstört. In den folgenden Tagen kam Walter Kersten immer wieder auf Meldungen aus dem Kriegsgeschehen in Europa zu sprechen. Die Euphorie der deutschen Gefangenen war offensichtlich recht groß. Es gab noch das patriotische Denken. Am 5. September verhaftete man jemand von der Baseler Mission, der die Deutschen mit Nachrichten versorgte. Aber aus irgendeiner Ecke kamen weitere Nachrichten zu den Deutschen im Lager. Es ist deutlich herauszulesen, was die Gefangenen beschäftigte. Alle waren immer gespannt auf gute, auf siegreiche Meldungen aus Deutschland. Paris ist gefallen, Rückzüge der Engländer und Franzosen an verschiedenen Frontabschnitten. Am 11. September mussten die gefangenen Deutschen laut Tagebuch von Walter Kersten um 10,15 Uhr antreten. Es wurde das Urteil verlesen. Der Cassierer der Badischen Mission wurde für schuldig erklärt, Siegesnachrichten der Deutschen unter den Chinesen verbreitet zu haben. Strafe: vier Monate und weitere 15 Tage Haft. Dann wurde das Urteil plötzlich abgeschwächt auf 28 Tage Arrest. Die Engländer haben sich nobel gezeigt. Dann mussten alle Internierten ihre Sachen packen. Am Tag darauf wurden sie innerhalb des Hong Kong Islands von Stone Cutter´s Island nach Kowloon gebracht. Hier gab es keine Zelte, hier standen vier Wohnhäuser und eine sehr praktische Wascheinrichtung. Jedes Haus hatte zwei Hälften. In jeder Hälfte waren 16 Mann untergebracht, 128 Mann insgesamt. Ein Herr Lampe schrieb Walter Kersten aus Manila. Er sandte ihm die aus Deutschland nach Manila versandte Post der eigenen Familie. Erstaunlich, dass Post versandt wurde. Woher wusste Herr Lampe, dass Walter Kersten in Kowloon ist? Sein Schreiben über die Geschäftslage in Manila verriet nichts Gutes. Eine Zeitung aus Manila gelangte in das Lager. Demnach müssen sich die deutschen Truppen an der Westfront zurückziehen. Aus dem Osten werden Erfolge gegen die Russen gemeldet. So das Tagebuch. Im Lager konnte Fußball und Tennis gespielt werden, Kartenspiele wie Bridge waren sehr geschätzt. Am 18. September 1914 durften die Deutschen zum ersten Mal Kowloon besuchen. Aus Europa folgten immer wieder Berichte über das Frontgeschehen. Dass die Deutschen dies interessierte, war verständlich. Die SMS Emden, das Schiff der deutschen Marine, operierte immer noch im ostasiatischen Raum und griff fast täglich erfolgreich englische Schiffe an. Am 1. Oktober war von vier versenkten englischen Schiffen die Rede. Die Zeitungen aus Hongkong berichteten wenig über den Krieg. Schließlich war Hongkong eine englische Kolonie. Einige Gefangene besorgten sich schwedische und dänische Zeitungen. Darin war zu lesen: Die Deutschen haben jetzt 350.000 Engländer und Franzosen und 150.000 Russen gefangen genommen. In Deutschland wurden weitere 350.000 Kriegsfreiwillige registriert. Und dann ist ein ganz anderer Eintrag im Tagebuch zu finden: Abends hatten wir einen sehr amüsanten Maskenball. Nachher sangen wir patriotische Lieder. Zwei haben wieder versucht, auszukneifen. Die Wachen waren jedoch aufmerksam. Sonntags muss ein ebenfalls internierter Pastor gepredigt haben, der von allen wegen seiner guten Worte sehr gelobt wurde. Es gab aus dem Jahr 1915 so gut wie keine schriftlichen Hinweise darüber, was die Internierten ertragen mussten. Am 26. Oktober 1915 erreichte die Gefangenen die Nachricht, dass alle Deutschen, per Befehl aus London, Hongkong zu verlassen haben. Dann erfolgten leider keine Eintragungen mehr im Tagebuch von Walter Kersten. Belegt ist, dass der Transport der internierten Deutschen nach Australien im Januar 1916 stattfand. Der Transport nach New South Wales (N.S.W.) erfolgte ab Mitte Januar 1916 mit dem 3.000 t-Schiff `Empire`. Unter Deck waren während der Überfahrt 287 Internierte eingeschlossen, jeder hatte etwa 4,5 qm Raum zur Verfügung. Durch Ausdünstung der vielen Männer und durch den starken Seegang mussten viele sich erbrechen, die Luft war entsprechend. Tagsüber durften die Gefangenen zuweilen auf das 296 qm große Außendeck. Am 21. Januar 1916 passierte die ´Empire´ die Basilanstraße und erreichte den Hafen von Zamboanga, es waren Stationen, die Walter Kersten bereits Anfang 1914 verlassen hatte. Die Sangi-Inseln und Celebes wurden am 22. Januar erreicht, am 23. Januar der Äquator und die Straße von Ambonia in der Banda-See. Die Temperatur war auf 33/34 Grad Celsius angestiegen. Am 2. Februar 1916 erreichte das Schiff den Hafen von Sydney. Alle mussten auf kleinere Schiffe umsteigen und wurden in der Nacht nach Jerseyville gebracht. Hier wurden sie an Land gesetzt. Drei Stunden Marsch mit schwerstem Gepäck waren bis zum Ziel notwendig. Trial Bay war das Ziel, das den Gefangenen bis dahin nicht bekannt war. In Trial Bay bestand bereits ein Hochsicherheitstrakt für Strafgefangene, der bis dahin noch nicht belegt war. Es trafen auch Marinesoldaten der MS Emden ein, die bereits zahlreiche englische Schiffe versenkt hatte. Nun war das deutsche Schiff ebenso versenkt worden. Hier in Trial Bay sammelte man Gefangene und Internierte aus dem südasiatischen Raum. Offizielle Aufzeichnungen gab es nur in dem Buch Hinter Stein und Stacheldraht, das in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts herausgegeben wurde und von den Nationalsozialisten als eine Abrechnung mit dem System der verhassten Engländer angesehen wurde. Die Bucht liegt an der Ostküste Australiens zwischen Laggers Point und Grassey, unweit der Mündung des Macleay River. Kempsey ist die Provinzstadt am Highway Pacific, die zugleich am an dem besagten Fluss liegt. Port Macquarie, im Aarekoon State Conversation Area, 75 km nördlich von Macquarie könnte die Hafenstadt gewesen sein, in der man die Gefangenen an Land brachte. Grob gesagt ist Trial Bay fast genau zwischen Brisbane und Sydney gelegen. Die Strecke zwischen den beiden großen Städten dürfte etwa 1500 km betragen. Als der Erste Weltkrieg ausbrach und Australien mit der Englischen Krone verbunden war, war das Gebiet um Trial Bay ein ideales Gelände, um deutsche und österreichische Internierte und gefangene Soldaten unterzubringen. 562 Gefangene sollen hier von Februar 1915 bis Ende 1918 gewesen sein. Einschließlich der weiteren Lager sollen insgesamt 5.574 Internierte und Gefangene gezählt worden sein. Australien begann Ende des 20. Jahrhunderts damit, New South Wales touristisch zu erschließen. Von den einstigen Gebäuden des Lagers stehen nur noch Teile. In einem Trakt hat man ein Museum eingerichtet, das Trial Bay Soldiers and Internees Museum heißt. Man hat alles gesammelt, was die Deutschen hinterlassen haben: Schmuck, Trinkgefäße, Gürtel, Ausweispapiere etc. Walter Kersten brachte viele Fotos mit nach Hause und legte später ein aussagekräftiges Album an, das erhalten geblieben ist. Man sieht auf dem Bild von Ende Januar 1916 das Lager, nichts sonst in der Umgebung. Den Internierten war erlaubt, Tennis und Feldhockey zu spielen. 700 Gefangene sollen zuletzt in dem Trakt von Kersten gewesen sein. Es wurden gestrandete Wale ausgeschlachtet und Kaninchen in eine Falle gelockt. Doch er mochte zu Hause in Deutschland weder das Fleisch von Hasen noch von Kaninchen essen. Zu oft hatte er Fleisch dieser Tiere zu sich nehmen müssen. Unter den Internierten gab es praktisch alle Berufe. Auch Schauspieler oder solche mit schauspielerischem Talent waren darunter. Das von den Gefangenen aufgebaute Deutsche Theater führte Auf des Königs Befehl, Minna von Barnhelm, Die Helden von Bernhard Shaw, Das Konzert, Das Stiftungsfest, Ein toller Einfall, die Komödie Moral, Ein ungeschriebenes Blatt und Als ich wiederkam auf. Wenn man die Fotos betrachtet, kann man sich nur über die tollen Bühnendekorationen und die schönen Kostüme wundern. Es müssen also auch Dekorateure und Schneidermeister in Trial Bay gewesen sein. Aus dem Juli 1917 stammt noch ein Gedicht: Der Walfisch von Trial Bay, gedruckt in Liverpool N.S.W./Australia. Auch Briefpapier stand den Gefangenen zur Verfügung. Concentration Camps, Australia – Prisoner of war Letter. Walter Kersten schrieb am 9. Februar 1917 einen Brief an seinen Bruder Bruno. Er bedankte sich darin für die Post von zu Hause. „Yesterday I received a postal from Arthur with his photo, dated Nov. 2nd. He looks very smart in his uniform and was at that time in Haiger (Westerwald)”. Arthur war der jüngste Bruder von allen acht Söhnen der Familie Guido und Emma Kersten. Dann schrieb deren Sohn Walter Kersten, dass er sich Basketball Schuhe wünsche. „I did not hear from Guido since the beginning of last year. I hope very much that he is home.” (Mit Guido war in diesem Fall der Bruder von Walter Kersten gemeint). Man kann daraus entnehmen, wie sehr einem Internierten in der Ferne daran gelegen ist, etwas von zu Hause zu erfahren. Als der Krieg Ende 1918 für die Deutschen verloren war, durften die Internierten im Juni 1919 die Heimreise auf der Kursk antreten, einem 1910 in Dienst gestellten russischen Passagierdampfer. Zunächst wurden sie in ein Erholungslager nach Durban in Südafrika verbracht. Das Schiff fuhr zu dieser Zeit (nach der Oktoberrevolution in Russland) mittlerweile unter britischer Flagge. Man sprach von der Repatriierung. Walter Kersten erzählte später, dass die hygienischen Verhältnisse auf dem Schiff katastrophal waren. Viele starben während der Überfahrt nach Hause. Er selber meldete sich dafür, die Toten in Säcke einzunähen und über Bord zu werfen. Dafür bekam er in der Küche Sonderrationen und Schnaps. Kersten war lange Jahre von zu Hause weg, es waren verlorene Jahre in der Berufs- und Lebensplanung. Aber letztlich war er froh, dass er nicht an einer der vielen Fronten als Soldat eingesetzt wurde. Die Kameradschaft im Lager von Trial Bay muss sehr gut gewesen sein. Es gibt großformatige Fotos, die die Mannschaften der einzelnen Lagertrakte zeigen. Die Kameradschaft blieb auch nach dem Krieg in Deutschland bestehen. Da die meisten Internierten einst zur See gefahren oder irgendwo im Ausland bei einer Reederei beschäftigt waren, lag es nahe, dass die Treffen im norddeutschen Raum stattfanden, zumeist in Bremen und Hamburg. Es wurde zu einem Trial Bay Curry-Essen eingeladen. Es gab keine Curry-Wurst, sondern ein schmackhaftes Mal. Offensichtlich war die Curry-Wurst eine Erinnerung an die Zeit im Lager. Walter Kersten führte anlässlich eines Treffens am 30. April 1955 in Bremen aus: „Wir waren durch fünf Jahre Gefangenschaft miteinander verbunden. Als wir auseinander gingen, verließ uns ein Stück unseres Lebens. Uns hielt zusammen: Treue, Zuverlässigkeit, Erinnerungen an zu Hause, Witz und Vertrautheit. Es ist etwas Eigentümliches um das Wissen, dass einer sich auf den anderen verlassen kann. Die Romantik der Kameradschaft hat etwas Verführerisches. In der Tat, sie ist eine Edle Blüte. Die chinesische Weisheit kennen alle hier im Saal. Es heißt im Chinesischen: Es gibt kein Glück auf Erden. Man muss aber darauf achten, das Glück nicht zu versäumen. Was es auf Erden zuweilen gibt ist der glückliche Augenblick. Auf allen Gruppenfotos von 1953 bis 1960 ist Walter Kersten zu sehen. Da er meist mit einer Zigarre im Mundwinkel zu sehen war und die Kameraden wussten, dass er im Tabakfach großgeworden war, fertigte einer eine Karikatur an, die Walter Kersten zeigt. || Im Album ist der Aufenthalt von Walter Kersten auf den Philippinen dokumentiert. Die Fotos zeigen unter anderem die einheimischen Zigarrenmanufakturen als auch die deutsche Gemeinschaft auf den Philippinen. Zudem befindet sich in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen eine Übersicht über die Geschichte als auch ein Verzeichnis der Mitglieder des Deutschen Clubs Manila. Im Mitgliederverzeichnis wird Walter Kersten mit Aufnahmedatum 4. September 1912 aufgeführt. || || Deutscher Club, Solano 209, Manila, Philippinen || 14.5921844,120.98967429999993 || || Zamboanga, Philippinen || General Pershing spricht vor dem Governors-Gebäude, Dezember 1913. || Verabschiedung General Pershing, Zamboanga, Philippinen || 6.903975,122.07619899999997

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Auf in den Kampf

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Foto 1: Mein Urgroßvater Adolf Herrmann (rechts auf dem Foto) in Walcourt/Belgien 1914 Foto 2: Mein Urgroßvater Adolf Herrmann (links auf dem Foto) mit seiner Truppe auf dem Weg nach Paris (1. Weltkrieg, genaues Datum unbekannt)

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Hoffnung auf den Weihnachtsfrieden 1914: eine Karte aus Cheppy

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Diese Photographie stammt von einem Angehörigen des württembergischen Landwehr-Infanterie-Regiments Nr. 124 (LIR 124). Da kein Absender angegeben ist, kann man dies nur mit der Lupe am Überzug der Pickelhaube eines der Soldaten erkennen. Das LIR 124 gehörte 1914 zur 53. gemischten Landwehr-Brigade im Verband der 2. württembergischen Landwehr-Division. Die 53. Landwehr-Brigade mit den Landwehr-Infanterie-Regimentern 124 und 125 hatte am 31. August 1914 die Maas bei Stenay auf einer Ponton-Brücke überquert und war dann über Beauclair, Bantheville, Montfaucon, Avocourt, Récicourt bis Ville-sur-Cousances nach Süden vorgestoßen. Nach dem Wunder an der Marne wurden die erreichten Positionen wieder aufgegeben und ein Rückzug über Clermont-en-Argonne, durch den Bois de Hesse über Cheppy nach Bantheville und Cunel angetreten. Am 23. September erfolgte dann ein erneuter Angriff in südlicher Richtung, in verlustreichen Kämpfen wurden Teile des Waldes von Avocourt und Malancourt und der Cheppy-Wald eingenommen. Ab Ende September wurde der Brigade der Cheppy-Wald als Abschnitt zugewiesen, mit dessen Befestigung sie alsbald begann. Nachfolgend der Text der Karte: Cheppy, 17.12.14 Meine lieben Paten! Für die reichliche Weihnachtsgabe tausend Dank. Sie haben mich allzu reich beschenkt. So sehr mich Ihre l. (lieben) Gaben erfreuen, so darf ich Sie doch bitten, von einer weiteren Sendung abzusehen, da in letzter Zeit ein wahrer Regen von Liebesgaben über mich ergeht. Ich werde beschenkt von Freunden und Familien, die ich längst vergessen hatte. Die Gaben sind so zahlreich, dass ich bei einem etw. (etwaigen) Rückzug, den das Schicksal verhüten möge, die Hälfte im Stich lassen müsste. Daß es Hans den Umständen entsprechend gut geht, freut mich sehr. Ich wünsche Ihnen für die bevorstehenden Weihnachten alles Gute. Möchte der Weihnachtsgruß Friede auf Erden bald wahr werden! Umstehendes Bild stammt aus esseren Zeiten, wo die franz. Keller noch nicht so hohl klangen, wie gegenwärtig. Herzl. Grüße Ihr Pate Joseph. Auch dir, l. (liebe) Rosa, herzl. Gruß.\n Mit dem hohlen Klang der französischen Keller dürfte mit Blick auf die auf dem Tisch aufgereihten Wein- und Champagnerflaschen wohl gemeint sein, daß die Keller der umliegenden Dörfer inzwischen geleert waren. Der ersehnte Weihnachtsfriede sollte Illusion bleiben, bereits drei Tage später, am 20. und 21. Dezember und nochmals am 25. und 26. Dezember 1914 kam es zu starken französischen Angriffen auf die Butte de Vauquois, an deren Abwehr Teile des LIR 124 bei Boureuilles beteiligt waren. Allein bei diesen Kämpfen fielen der Kompaniechef der 12. Kompanie 124, Hauptmann Koch und 20 Soldaten, 40 wurden verwundet. Bis zu den nächsten Weihnachten im Frieden sollten noch vier lange Jahre des Krieges vergehen. || Eine Photographie aus Cheppy, Dezember 1914 A Picture from Cheppy, december 1914 Une photographie de Cheppy, décembre 1914

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